Aufenthaltsrecht für von Menschenhandel betroffene Frauen

Menschenhandel stellt eine schwere Menschenrechtsverletzung dar und gehört zu den gewinnbringendsten kriminellen Geschäften. Opfer werden vor allem Frauen, deren wirtschaftliche Not und Verletzlichkeit im Migrationsprozess ausgenutzt werden. Anlässlich des Welttags gegen Menschenhandel fordert IN VIA für Opfer von Menschenhandel eine Aufenthaltserlaubnis, die nicht an ihre Aussagebereitschaft gebunden ist.

Repressalien, psychische und physische Gewalt sowie Traumatisierungen führen dazu, dass von Menschenhandel betroffene Frauen oft zu keiner Aussage gegen ihre Ausbeuter*innen bereit sind. Nach geltender Rechtslage erhalten Opfer von Menschenhandel, die aus Nicht-EU-Staaten stammen, jedoch nur dann eine Aufenthaltserlaubnis, wenn sie in einem Prozess als Zeuginnen zur Verfügung stehen und ihre Anwesenheit in einem Strafverfahren als nötig erachtet wird.

„Die wenigsten Frauen, die Opfer von Menschenhandel wurden, trauen sich, gegen ihre Peiniger auszusagen. Sie müssen davon ausgehen, nach einem Prozess in ihr Heimatland zurückkehren zu müssen und den Menschenhändlern erneut schutzlos ausgeliefert zu sein“, beschreibt Regine Rosner, Fachbereichsleiterin für Frauensozialarbeit und Migration bei IN VIA Deutschland, deren Lage. Deshalb fordert IN VIA, dass wie im Koalitionsvertrag angekündigt, Opfer von Menschenhandel unabhängig von ihrer Aussagebereitschaft ein Aufenthaltsrecht erhalten. Hierzu muss bei der Identifizierung von Opfern eine plausible Erklärung des/der Betroffenen in der Regel genügen. Bei zweifelhaften Aussagen können eine Fachberatungsstelle für Opfer von Gewalt oder Menschenhandel bzw. die Opferschutzbeauftragten der Länder oder der Polizei hinzugezogen werden.

Eine zusätzliche Belastung für von Menschenhandel betroffene Frauen ist die Bedrohung ihrer Familie. „Drohungen gegen ihre Familien, insbesondere gegen ihre Kinder zwingen die Frauen zum Schweigen. Deshalb müssen sie bei einem Gerichtsverfahren die Sicherheit haben, auch für ihre Familienangehörigen eine Aufenthaltserlaubnis zu erhalten“, erklärt Rosner. Das Nachzugsrecht darf nicht an Bedingungen, wie z.B. Wohnraum geknüpft sein.

Auch die aufenthaltsrechtliche Lage von EU-Bürgerinnen ist zu verbessern. Zwar können sie in Deutschland bleiben, jedoch haben sie kaum Zugang zum Hilfesystem, etwa zu Frauenhäusern oder zur Gesundheitsversorgung.

Entscheidend ist es auch, die Behörden, die die Lage von Opfern von Menschenhandel beurteilen, zu sensibilisieren. Insbesondere Mitarbeitende in Ausländerbehörden müssen geschult werden, damit sie die Rechte von Opfern umsetzen können.

Das Diskussionspapier „Aufenthaltsrecht für Opfer von Menschenhandel unabhängig von einer Aussage in einem Strafverfahren“ der Arbeitsgruppe gegen Menschenhandel der Deutschen Bischofskonferenz finden Sie auf https://www.invia-deutschland.de/fachliches/veroeffentlichungen/migration/migration.

Kontakt: Regine Rosner, 0761-200 234 / regine.rosner@caritas.de